Der Olifant postete einen Text, der zum Nachdenken anregen sollte. Denken wir also drüber nach. Ich muß aber leider von vornerein sagen, daß ich von dem Text nichts halte.
@Olifant: Versteh das bitte nicht gegen Dich oder Deinen Blog. Weder gegen das eine noch das andere hab ich was auszusetzen, Dein Blog gefällt mir sogar gut (schon allein der Quenyabonus). Es geht mir hier nur um diesen Text.
"Komisch, wie lange es dauert, Gott für eine Stunde zu dienen, aber wie schnell 60 Minuten Fußball vergehen."
Wie dient man Gott? Was ist gemeint? Ich als Freund des Opus Dei sehe in jeder Minute des Tages einen Dienst an Gott. In der Hinsicht auch Fußball.
Guuuut, es geht vielleicht um den Vergleich zwischen einer Stunde Messe und einer Stunde Fußball. Ja, körperliche Ertüchtigung kann für manche Leute durchaus kurzweiliger sein als ein Meßablauf, der vom äußeren Schein her, recht vorhersehbar sein kann. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Vergleich sinnvoll ist.
"Komisch, wenn uns nichts einfällt, was wir beten können, aber wir unseren Freunden immer etwas zu erzählen wissen."
1.) Unsere Freunde antworten auch etwas expliziter als Gott drauf. Hat der Schreiber schonmal am Bett eines Pflegefalles gestanden und mit ihm geredet? Mir fiel es irgendwann sehr schwer.
2.) Dahinter kann eine, vielleicht falsch verstandene, Art von Respekt sein: Soll ich nun wirklich Gott davon erzählen, wie sehr ich bei der und der Simpsons-Episode lachte? Soll ich ihm die Stelle erzählen oder kennt er sie schon? Das Gespräch mit Gott hat einen anderen Charakter als das mit den Menschen.
"Komisch, wie schwer es fällt, ein Kapitel in der Bibel zu lesen, aber wie leicht es ist, 100 Seiten eines Bestsellerromans zu verschlingen."
Ähhh, Geschmackssache? Manche Kapitel in der Bibel lesen sich wirklich gut. Andere wiederrum (Buch der Sprichwörter ist so ein Kandidat bei mir) fallen mir extrem schwer.
"Komisch, wie Leute sich auf einem Konzert um die vordersten Plätze drängeln und sich um eine der hintersten Plätze in der Gemeinde bemühen."
Komisch, einen Gottesdienst bzw. Gottes Gegenwart in einem Gottesdienst mit der Präsenz von Rockstars zu vergleichen. Ich sitze oft hinten, fast immer. Bin ich nun ein schlechter Mensch? Um ehrlich zu sein, sehe ich, da ich mitsinge, die Messe verfolge, da die Akustik vorne wie hinten in Ordnung ist, da ich den Altar, den Tabernakel etc. sehe, die Sitzposition in der Messe eher als sekundär an.
"Komisch, wie schwer es Menschen fällt, die Gute Nachricht weiterzugeben, aber wie leicht es ist, den neusten Klatsch und Tratsch weiterzuverbreiten."
Das ist doch ganz menschlich. Es ist nicht richtig, das stimmt. Aber Menschlich. Mit Klatsch und Tratsch geben wir weder was intimes von uns preis noch dringen wir in die Intimsphäre des anderen ein. Deshalb wird man auf Cocktailparties so oft Small Talk, Witzeleien, Klatsch und Tratsch hören und eher wenige Gespräche über persönliche Zeugnisse, wie Gott mir geholfen hat etc.
"Komisch, wie wir der Zeitung glauben, aber in Frage stellen, was in der Bibel steht."
Ich glaube nicht der Zeitung. Daß man außerdem die Frohe Botschaft des Evangeliums in Frage stellt, daß man nicht glauben kann, daß Gott selbst aus Liebe zu uns Mensch wurde, daß er für Dich und für mich am Kreuz starb und von den Toten auferstand - daß manche Leute das für zu schön, um wahr zu sein, halten - bitteschön, das kann passieren.
"Komisch, wie viele auf deiner Adressenliste diese Mail nicht erhalten werden, weil du dir nicht sicher bist, ob sie an irgendetwas glauben!"
Diese Mail wird NIEMAND in meinem Freundeskreis bekommen. Diese Mail stellt das Christentum von einer extrem schlechten Seite dar. Von einer besserwisserisch-moralischen Seite.
Gott weiß: Es fällt mir schwer, zu missionieren. Ich versuche es, indem ich das Christentum vorlebe. Das funktioniert oft auch nicht gut, aber ich hoffe, daß ich wenigstens manche Leute damit zum Nachdenken anrege.
Texte wie dieser können aber kleine, im Wachsen begriffene Pflanzen zertrampeln
"Merkwürdig, wie leicht es für Menschen ist, Gott zu leugnen und sich dann wundern, warum die Welt zur Hölle wird."
Merkwürdig, was man so unterstellt.
"Merkwürdig, dass jeder in den Himmel will, doch annimmt man brauche nicht zu glauben, zu sagen oder zu tun, was in der Bibel steht."
Jeder? Pauschalisierungen rocken wirklich. Wieder: merkwürdig, was man so unterstellt.
"Merkwürdig, wie das Obszöne, Vulgäre, Gewalttätige und Okkulte frei den Cyberspace passieren kann, aber eine öffentliche Diskussion über Jesus in den Schulen und am Arbeitsplatz unterdrückt wird."
Das ist traurig, aber wieder ein Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Daß (zu) vieles den Cyberspace frei passieren kann, stimmt, der zweite Satz stimmt auch, ABER:
- an den etwas gehobeneren Arbeitsstellen hat das Obszöne, Vulgäre, Gewalttätige und Okkulte kenen Platz (an gehobeneren Schulen auch nicht)
- Im Internet können, wie dieser Text zeigt (oder dieser Blog) auch das Christentum und deren Inhalte frei den Cyberspace passieren. Nebenbei gesagt; ich halte das Internet für ein
blessing in disguise ; im Internet ist es wirklich möglich, als Salz der Erde sich aufzulösen, so daß nicht mehr der Mensch, sondern die Botschaft im Vordergrund steht. Andy Warhol sagte einst, daß in der Zukunft jeder Mensch fünfzehn Minuten weltberühmt sein werde. Ich denke, mit dem Internet ist diese Zeit gekommen. Wieso sollten wir diese fünfzehn Minuten nicht Gott schenken?
"Merkwürdig, wie jemand so entbrannt sein kann für Jesus im Gottesdienst, aber ein unsichtbarer Christ im Rest der Woche ist."
Dort wird Gott mehr erfahrbar!
Jungs und Mädels. Seit ich Christ wurde kenn ich diesen Sermon wider dem Hutchristentum (was man wie eien Hut an der Garderobe läßt, wenn man in die Welt geht). Es stimmt, es ist nicht richtig.
Was aber zu oft, wie auch hier, bei aller Moral vergessen wird, ist, einen Gegenentwurf vorzustellen. Einen konkreten bitteschön. Wie ist man Christ im Rest der Woche? Wie sollte man am Arbeitsplatz missionieren? Wie genau verbindet man Gebet, Opfer und Arbeit? Ich kenne einige Konzepte, eines versuche ich auch (mehr schlecht als Recht) zu leben, aber ich möchte das von den Schreibern der Mail wissen? Indem man in seiner Arbeitszeit Mails mit solch Inhalten verschickt?
"Merkwürdig, wie ich mehr darüber besorgt sein kann, was andere Leute von mir denken, als was Gott von mir denkt."
Es stimmt, es ist merkwürdig, doch es liegt am Wesen Gottes und an der Ursünde. An der Ursünde ist klar; durch sie ist der Menschheit der Fokus verloren gegangen. Am Wesen Gottes, weil Gott vergibt und sich nicht aufdrängt, anders als die Menschen.
Gott wird nie mit dem Finger auf Dich zeigen und Dich auslachen. Der Mensch schon. Natürlich sollte man als Christ über solchen Dingen stehen, aber mal ehrlich: tun wir das immer? Ich kann das nicht von mir sagen.
"Stell dir vor, folgendes passiert: Eines Morgens während eines Gottesdienstes sind 2000 Christen überrascht, 2 Männer zu erblicken, die beide von Kopf bis Fuß in schwarz eingehüllt sind und Maschinengewehre tragen. Einer der Männer ruft: “Jeder, der bereit ist, eine Kugel für Christus zu erhalten, bleibe da stehen, wo er gerade steht!” Sofort fliehen der Chor, die Diakone und die meisten der Versammelten. Von den 2000 bleiben ungefähr 20 stehen. Der Mann, der gesprochen hatte, nimmt seine Verhüllung vom Gesicht, sieht den Prediger an und sagt: “Okay Pastor, ich habe alle Heuchler entfernt! Jetzt kannst du mit deinem Gottesdienst beginnen. Ich wünsche noch einen schönen Tag!” Und die beiden Männer drehen sich um und gehen raus. (Ziemlich krass und unvorstellbar, aber denk mal drüber nach!!)"
Petrus - mieser Heuchler
Die Apostel - miese Heuchler in der Nacht, die wir bald feiern.
Unsere Kirche, unsere ganze Überlieferung baut also auf Heuchlern auf. Gut.
Ernsthaft: Was soll dieses hochmütige Gebrabbel? Wie kann man sowas schreiben? Ich bete zu Gott, daß er, wenn es einst dazu kommen sollte, daß ich für den Glauben sterben müßte, mir die Kraft zum mutigen Bekenntnis schenkt, aber ich würde niemals behaupten, daß ich sicherlich stark genug wäre! Meine Kraft ist im Namen des Herrn, ich selbst bin, wie ich jeden Tag aufs neue merke, oft zu schwach. Ich weiß nicht, ob ich mit den zwanzig Leuten in der Kirche sitzen würde. Wenn ich deshalb, weil ich das jetzt nicht weiß, ein Heuchler bin, bitteschön. Wenn ich bspw. auch an meine Familie denke, die sonst aufgeschmissen wäre, wenn ich überlege, wie ich Gott dienen und bspw. was gegen diese Männer in Schwarz tun kann und deshalb die Kirche verlasse, wenn ich dann ein Heuchler bin, bitteschön.
Nebenbei: Merkwürdig, daß unsere zwei bewaffneten Moralapostel anscheinend die Kirche nicht brauchen.
"Dies ist eine wahre Geschichte: Es gab ein atheistisches Ehepaar, das ein Kind hatte. Sie erzählten ihrer Tochter nie von Jesus Christus. Als das Mädchen 5 war, stritten sich die Eltern heftig. Der Vater erschoss vor den Augen des Kindes erst die Mutter und dann sich selbst. Das Kind wurde darauf zu Pflegeeltern gegeben. Die neue Mutter war Christin und nahm das Mädchen mit in die Kirche. Die Pflegemutter erzählte der Leiterin der Sonntagsschule, dass das Mädchen noch nie etwas von Jesus gehört hatte, und bat sie Geduld mit ihr zu haben. Eines Sonntags hielt die Leiterin ein Bild von Jesus hoch und fragte: “Weiß einer von euch, wer das ist?” Das kleine Mädchen hob die Hand und sagte: “Ich! Das ist der Mann, der mich in der Nacht, als meine Eltern starben, gehalten hat!!”"
1.) Geschichten, die mit "Dies ist eine wahre Geschichte" beginnen, wecken den Skeptiker in mir.
2.) Dramatische, schöne Geschichte.
"Wenn du glaubst, dass das Mädchen die Wahrheit gesagt hat und das, obwohl sie nie von Jesus gehört hatte, ER sie dennoch an jenem Abend gehalten hat, dann wirst du sicherlich diese Mail an so viele Freunde wie möglich weiterleiten! Du kannst sie aber auch löschen, als hätte dich die Geschichte nie berührt!"
Jetzt erzähle ich mal eine Geschichte: Klein Philipp (gut, Pubertier-Philipp) ging einst durch die Straßen des schönen Zehlendorfes und wurde von einem hübschen Mädchen an einem Infostand um eine kleine Umfrage gebeten. Ein hübsches Mädchen hat einen großen Einfluß auf die Hormone eines Pubertierenden, weshalb er sich natürlich zu der Umfrage bereit erklärte. Die erste Frage war eine Multiple-Choice-Frage, wie viel der Staat jährlich für Behinderte ausgeben würde. Es kam raus, daß das die als Minimum angegebene Zahl war. Ich wurde gefragt, ob ich das nicht zu wenig finde, ich meinte ja. Weiter wurde ich gefragt, ob ich, wenn ich die Möglichkeit hätte, Behinderten helfen würde, worauf ich natürlich (nicht nur wegen der Hormone) mit ja antwortete. Schließlich flötete das Mädchen "Dazu haben Sie jetzt die Möglichkeit, denn Sie können hier unterschreiben, um montatlich so und so viel an das Behindertenwerk sowieso zu spenden" Ich hatte mir unter Hilfe und Möglichkeit etwas anderes vorgestellt. Na ja.
Ich werde diese Mail an NIEMANDEN weiterleiten. Vielleicht werde ich die Geschichte dem einen oder anderen erzählen. Aber ob diese Geschichte nun unglaublich viele Atheisten retten wird - ich weiß nicht. Dazu war ich zu lang Atheist. (na ja, so lang war ichs nicht, aber lang genug, um zu wissen, daß man nicht durch eine schöne Geschichte über ein Mädchen, was sich von Jesus gerettet fühlt, ins Grübeln kommt).
Kleiner Tipp: Vorleben, guter Freund sein und von seinem Glauben reden kann schon was bewirken! Ich möchte ja eigentlich noch öfter mal Freunde von mir in stille Kirchen mitnehmen, denn ich denke, daß ein Kirchenbesuch weitaus mehr als meine Worte oder eine schöne Geschichte bewirken können.
"Merkwürdig, wie leicht es Menschen fällt, Gott einfach in den Papierkorb zu schieben!"
Ja, noch merkwürdiger, daß ich das alles überhaupt kommentiere! Was soll dann noch dieser letzte Satz? Ist das nun ein Kettenbrief?
Ich wußte wirklich nicht, daß man die Strategien der Bertelsmann-Vertreter nutzen sollte, um zu missionieren.
Aber keine Angst: Diese Mail kommt nicht in den Papierkorb: Sie wird angeprangert.