Dienstag, August 13, 2013

Franziskus einordnen

Wie der werte Leser sicherlich mitbekommen hat, bereitet es mir Schwierigkeiten, mit Papst Franziskus warm zu werden. Ich bin als guter Papist natürlich dankbar für jedes kleine Feuerchen, was mir eben diese Wärme geben kann.

Jeder hat ja seinen Weg zu so einem Ziel; manche waren von der demütigen Haltung am ersten Tag seines Pontifikat sofort hin und weg, andere fanden sein schlichtes Auftreten gut, wieder andere beriefen sich auf die wichtige Grundwahrheit, daß er der Nachfolger Petri ist... ich denke, das alles sind gute Gründe, mir hat, zur Einordnung gerade sehr geholfen, darüber nachzudenken, aus was für einer Welt der Heilige Vater stammt. In der Hinsicht fand ich einen Artikel von Fr. Dwight Longenecker sehr lesenswert und hilfreich.

!!!SCIENCE!!! und andere Unsinnigkeiten

Ich habe ein nettes T-Shirt von xkcd. Fairerweise sei gesagt, daß ich es kaum noch anziehe - nicht, weil ich was gegen Wissenschaft habe, sondern einfach, weil man meine Plautze drunter durchgucken sieht - es ist etwas eingegangen. Als Schlafanzug-Shirt taugt es aber noch. An sich habe ich nichts gegen solche Nerdsprüche, es ist auch schön, hinten eine Boltzmann-Verteilung zu sehen. Cool, cool.

Aber irgendwie kann ich mich mit dieser Überhöhung von Wissenschaft nicht mehr identifizieren. Es gibt Gruppen auf Facebook mit Namen wie "I fuckin love SCIENCE!" und "I believe in SCIENCE" - und das finde ich Schwachsinn, mit Verlaub.

 "Hurr Durr, Phil, das liegt doch nur daran, daß Du Katholik bist" - Nö, um ehrlich zu sein, eher weniger. Es liegt vielmehr daran, was man mitbekam, wenn man im Wissenschaftsbusiness (jawohl, die Wissenschaftler arbeiten seit langem nicht mehr frei in ihren Einsteintürmchen) einige Jahre gearbeitet hat; wenn man mitbekam, wie in bestimmten Forschungsgebieten - weil sie "high-impact-science" sind - extreme Low-Level-Publikationen wahrscheinlich hektarweise Regenwald in Papierform verwandeln oder zumindest wichtigen Serverspace blockieren, wenn man sieht, was für Billig-Korrelationen zu Wissenschaft gemacht werden oder wenn man einfach sieht, wie viel Show-Business in der ach so objektiven Wissenschaft (verzeihung: !!!SCIENCE!!!) vorhanden ist. Da gibt es dann "Studien" (oh Gott, don't get me started on "Studien haben bewiesen"-Artikeln!), in denen mit Statistiken auf der Basis von kleinsten Stichproben ein kausaler Zusammenhang dahergemogelt wird, subjektive Interpretation wird mit objektiver Analyse verwechselt (Balance von dynamischen Systemen wird als intelligentes Verhalten von Objekten dargestellt) - und manchmal, wenn die Nacht lang ist, fangen auch schon mal Wissenschaftler an zu träumen (Ich denke hier an einen NASA-Wissenschaftler, der sich zu Träumereien hinreißen läßt, daß vielleicht Außerirdische uns helfen, den Wahn Religion hinter sich zu lassen).

Oder mein aktueller Liebling: "Everything makes sense in the light of evolution". Ein Satz, den ich in verschiedenen Zusammenhängen - von Biologie über Sport,Lifestyle und Ernährung - gehört habe. "Everything makes sense in the light of evolution"... was sagt das genau aus? Oder anders gefragt: Für welche Formen von Denkstrukturen gilt das? Richtig: Für Religionen und Ideologien. Statt obigen Satz kann ich als Katholik behaupten "Everything makes sense in the light of Christ". Jeder Astrologe, der was auf sich hält, wird mir sagen, daß alles - zwischenmenschliche Beziehungen, Gemütszustände, die Politik und die Wirtschaft - im Licht der Sterne Sinn macht. Was lernen wir daraus? Wenn im Licht der Evolution (oder der !!!SCIENCE!!!) alles Sinn macht - ist es, als naturwissenschaftliche These, nicht wirklich brauchbar. Theorien, die an Grenzen stoßen, sind anfechtbar und damit falsifizierbar.

Hasse ich nun Wissenschaft? Nö, überhaupt nicht. Was ich liebe, was ich verehre, ist gute Wissenschaft. Gute Wissenschaft bringt die Welt voran, erweitert die Grenzen unserer Kenntnis von der Welt, bekämpft Probleme auf der Welt - wunderbar. Gute Wissenschaft wird uns helfen, unsere Energieprobleme zu lösen, uns den Flug zum Mars ermöglichen und uns erklären, warum Erdnußbutter und Schokolade so grandios zusammenpaßt. Grandios.

Gerade aber weil ich gute Wissenschaft nicht nur liebe, sondern sie für die Weiterentwicklung der Menschheit für essentiell erachte, hasse ich schlechte Wissenschaft. Deshalb bekomme ich schon bei dem Satzanfang "Studien haben bewiesen" regelmäßig einen Hals (analog bei englischen Artikeln, wenn es "Science says" heißt. Diese Dünnbrettwissenschaft, diese mangelhaften Studien, die tendenziös bis zum Umfallen sind, diese als Naturwissenschaft mißinterpretierte Ideologie sehe ich als Grund dafür, daß es nicht nur unter Christen, sondern auch immer mehr unter Atheisten Mensche gibt, die mit Naturwissenschaft nichts anfangen können. "Ja, ja, Rauchen ist gesund, gezeichnet Doktor Marlboro!", "Ist mir egal, was Wissenschaftler xyz sagt, ich halte an meiner Meinung fest", "Wie sollen Leute den Gasgehalt vom Sirius erkennen - die waren doch nie da!" - solche Sprüche kommen durch schlechte Wissenschaft auf.

Die Ablehnung von Naturwissenschaft, die sich mancherorts breitmacht, kommt durch die Überhöhung von !!!SCIENCE!!!, die von manchen Leuten betrieben wird. Leute, setzt euch für gute Wissenschaft ein, aber nicht für einen Götzen namens Wissenschaft!

Montag, August 12, 2013

#liebwargestern

Ein Klatsch- und Tratsch-Magazin namens InTouch hat ne neue Werbekampagne. Könnse haben. Das Motto ist "lieb war gestern" - frei nach dem Motto "Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin". Letzteres ist auch ein unsäglich beklopptes Motto. Erstens: Ja, Böse kommen zum Beispiel auch in die Hölle, zweitens ist mir diese Glorofizierung des Arschlochdaseins zuwider. Das kommt von denselben Leuten, die "Nett ist der kleine Bruder von Scheiße" sagen. Oh ja, stimmt, wer haßt denn nicht nette Leute (Antwort: eigentlich jeder, der Freunde hat und sich auf sie verlassen kann). Aber halten wir uns nicht mit diesem Sprüchlein einer inzwischen doch in die Jahre gekommenen Emanze auf, reden wir über die Werbekampagne selbst, oder eher um einen Spruch in derselben. In Touch machen dann mit einer selbstbewußten jungen Dame Werbung, die mit kessem Kurzhaarschnitt selbstbewußt in die Kamera blickt (so weit, so gut!), während danebem folgendes steht:
Vielleicht kommen wir in die Hölle. Aber wenn, dann mit VIP-Bändchen und Freigetränk.
Aha. Also, die Hölle verleugnen, nicht für wahr haben wollen, zu sagen, daß man nicht glauben kann, daß es bei einem liebenden Gott eine solche gibt - das alles kann ich nachvollziehen. Aber damit kokettieren? Habt ihr denn sie noch alle? Dahin hat uns also alle Froh- statt Drohbotschaft gebracht? Ich wollte hier eigentlich provozierend Ausschnitte aus dem Film Event Horizon bringen, die eine, na ja, recht erschütternde Illustration der Hölle bieten. Ich wollte aber die eher sanftmütigeren unter den Besuchern nicht erschrecken - einige der Bilder in diesem Film hatte ich jahrelang nicht vergessen. Sicherlich sind diese Illustrationen nicht die Hölle, sicherlich sind sie kitschig, aber solche Bilder, wie letztlich auch die Darstellungen der Hölle in Dantes göttlicher Komödie können helfen, eine heilsame Furcht zu vermitteln, klar zu machen, daß die Hölle, das Böse, nichts ist, mit dem man spaßen sollte. Statt dieser Filmausschnitte dachte ich, poste ich mal eine Höllenpredigt, dank Frohbotschaften gibt es das ja heutzutage recht wenig: The Little Number of Those Who Are Saved by St. Leonard de Port Maurice ist eine aufschreckende Predigt, die den Ernst der Lage klar macht und (und das fand ich das genuin christliche) versöhnlich endet. Frohbotschaft statt Drohbotschaft ist eben nicht die Lösung, wohl aber Drohbotschaft und Frohbotschaft.

Verurteilung von Amtsträgern

Primär für mich und andere, die nicht 100% per du mit dem aktuellen Pontifikat sind, sei dieser Post aus den Archiven geholt: Franz von Sales über Urteile von Leuten. Darum muß man - gerade bei Amtsträgern ("Der Priester, wer immer er ist, ist ein zweiter Christus" - wie viel mehr gilt das für den Heiligen Vater!) hier wirklich sich auf die Zunge beißen, was das Urteil über die Person betrifft. Sophophilo hat hier an eine wichtige Wahrheit erinnert, die ich mal plump so zusammenfasse: Papst bleibt Papst. Egal wer es ist, es ist der Heilige Vater, der Nachfolger Petri, der Stellvertreter Christi, der Pontifex Maximus. Da sollten wir mit Respekt und Verehrung nicht zurückstehen! Sicherlich mag es Dinge geben, die nicht gefallen, die man vielleicht auch meint, beim Namen nennen zu müssen, aber es sollte immer mit Respekt vor dem Heiligen Vater geschehen.

Unsere ästhetische Krise

Ich habe gestern über einen Strandball auf dem Altar gesprochen. Dort habe ich primär die Frage gestellt, wie wohl so mancher reagiert hätte, wenn Zollitsch diese Geste getan hätte. Ich möchte jedoch kurz klären, was ich generell an einem Strandball auf einem Altar auszusetzen habe. Sicherlich kann man sagen, daß dieser Strandball auf dem Altar ein Symbol dafür ist, daß man dem Herrn diesen Weltjugendtag bzw die Früchte desselben ihm aufopfert, ihm weiht. Dagegen ist nichts zu sagen, das ist vollkommen zu begrüßen. Ebenso ist ein kleines Detail, was in der Debatte oft ignoriert wird, mehr als nur zu begrüßen, nämlich, daß uns Heiliger Vater zehn Minuten im stillen Gebet verharrte. Das ist ein wirkliches Zeichen und hat mich sehr gefreut. Ich muß aber sagen, daß ich mit einem Strandball als Symbol Probleme habe (und mit dem T-Shirt). Warum? Ich werde vielleicht mal ausholen. Die Osternacht haben meine Frau und ich in der Peterskirche von Lobeda gefeiert. Das ist ein Kirchengebäude der Lutheraner und hier sieht man letztlich wirklich gelebte Ökumene: Weil unsere Pfarrkirche zu klein ist, leihen die Lutheraner uns Raum. Das ist doch wirklich schön! A propos schön: Die Peterskirche ist auch was feines. Selbst Maria war da (Da ich mit ipohne allein photografiere und auch sonst kein guter Photograf bin, verzeihe man mir die Qualität der Photos. ):
Sicherlich, sie war leicht verwaschen, sicherlich hatten die Lutheraner mit einer großen Darstellung von Maria Schwierigkeiten. Und Symbole für die Evangelisten(?) waren auch noch sichtbar:
Hier zeigt sich übrigens, daß die lutheranische Gemeinde ihre Kirche wirklich wieder wie früher Restaurieren will - da hoffe ich doch mal auf das Bild der Gottesmutter! Way to go, Geschwister in Christo! Doch selbst die "rein lutheranische" Kunst von anno dazumal brauchte sich nicht zu verstecken:
Ein sehr frommes Bild, und vielleicht würden es manche strengen Lutheraner von früher ungern hören: Es hat was ikonographisches an sich. Toll! Wunderschön und tiefsinnig! Bilder, in denen man sich verlieren kann, die zum Gebet einladen! So muß es sein! Anscheinend wollt einige Leute heutzutage auch etwas zu der Schönheit der Kirche beitragen. Und so geschah es dann auch:
Wow. I am awestruck.
Es wird noch toller. Ja, fairerweise sind die Photos von den Kindern possierlich - daß sie mit Tesafilm an die Säulen angebracht wurden, macht bloß auch hier den Eindruck nicht gerade perfekt. Schließlich wurden auch bestehende Kunstwerke innovativ verschönert:
Nicht, daß das Kreuz nun die schönste Kreuzigungsdarstellung der Welt ist, aber glaubte man wirklich, sie durch zwei Regenbogenfarbene Banderolen zu perfektionieren? Irgendwie fand ich das Gesehene schon damals symptomatisch für den Verlust an Kunst in unseren Kirchen. Es werden irgendwelche schnellen Pseudokunstwerke geschaffen und diese dann, wenn überhaupt, mit Billigsymbologie legitimiert. Wie hat mir ein Pfarrer mal bezüglich eines Altarbildes, was aus bunten Tupfern bestand gesagt? "Die Buntheit steht für die frühlingshafte Fröhlichkeit der Auferstehung!" Joa. Ich mein, wir haben einen über Jahrhunderte gewachsenen Schatz an Symbolen - deutlich mehr als Wasser, Brot und Wein - und Künstler seinerzeit haben sich anscheinend, den Bildern nach zu urteilen, etwas mehr als eine halbe Stunde Zeit genommen. Ich will ja gar nicht sagen, daß solche Bilder gar nichts in kirchlichen Bereichen zu suchen haben (bin aber nahe dran), aber mir wird diese Form von Billigkunst (die teilweise dadurch legitimiert wird, daß man sie mit den Kindern gemeinsam gemacht hat) etwas viel. Ja, es ist billig. Und uns sollte der Raum Gottes mehr wert sein. Ich mein, bitte, im Augenblick haben Comiczeichner bei DC und Marvel (oder Covergestalter für Perry Rhodan) es besser drauf, inhaltreiche Bilder zu malen als die Christen. Um hier wieder den Bogen zurück zu spannen: Das ist es, was mich primär an der Geste mit dem Strandball und dem T-Shirt stört. Ja, sicherlich stehen dahinter Symbole, es ist sicherlich das WYD-Logo auf dem Ball drauf, aber - hätte man hier nicht etwas mehr machen können? Dazu kommt noch folgendes: Man sollte doch versuchen, sich der Umgebung, in der das Kunstwerk entsteht, anzupassen. Mir kommen diese Zusätze aus heutiger Zeit zu altehrwürdiger Sakralkunst - seien es jetzt Strandbälle auf marmornen Altären, seien es Ballonbuchstaben in hübschen Kirchen - immer so vor wie eine katholische Version von Steven Spielbergs Star Wars Special Edition. Und das muß doch nicht sein!

Sonntag, August 11, 2013

Catholic Nerdbones == tickled

Ein Priester, der, wie Father Z. berichtet, generell wahnsinnig aktiv ist, hat eine Beicht-App herausgebracht. Beichtapp? BEICHTAPP? WHAT THE CANOODLE, PHIL!?!? Hatte nicht mal irgendein Nicht-so-ganz-Katholik eine Seite geschrieben, auf der man online "beichten" konnte? Ist das wieder sowas ähnliches? Keine Sorge, das ist was anderes: MyConfessor gibt Bescheid, ober der Priester (Fr. Heilman) gerade zum Beichtgespräch verfügbar ist. So weit, so gut, möchte man meinen, aber was interessiert mich in Lobeda, wenn ein Priester in Amerika zum Beichten verfügbar ist? Nun, das Programm ist mit Google Maps verlinkt, so daß Priester sich dort verlinken und als "verfügbar" labeln können. Das ist einerseits für mich, wenn ich auf Reisen bin, klasse, zweitens könnte das zu flexibleren Beichtzeiten führen (Sa 17-18h und Di 9-10h, wie in meiner Gemeinde sind vllt etwas knapp), drittens könnten Priester, die selbst auf Reisen sind, die nutzen, um Katholiken in der Umgebung auf das Angebot hinzuweisen. Außerdem: Eine App, die quasi ein Social Network in Sachen Beichtgelegenheiten ist, ist so friggin geeky, daß ich es einfach unterstützen muß. Find ich jedenfalls klasse und werde dementsprechend Elsas Bitte voll und ganz unterstützen. Elsa sei auch dafür gedankt, mich darauf aufmerksam gemacht zu haben.

Fanziskaner der Immaculata on wheels

Mal ganz von der aktuellen Ritendebatte abgesehen, das ist doch grandios! Dubstep, Bettelorden, Skateboard... YAY! (Quelle:Fr. Z)

Samstag, August 10, 2013

Nur mal als Gedankenspiel....

... wie würde kath.net und manche aus der Blogozese reagieren, wenn nicht Papst Franziskus, sondern, sagen wir mal Erzbischof Zollitsch (wie ich mal skizzenhaft dargestellt habe) nach dem Weltjugendtag einen Strandball auf einen Altar gelegt hätte? Und wenn das ganze, sagen wir mal vor einem Jahr geschehen wäre, noch zu Zeiten von Benedikt XVI? Ich möchte hier weniger den Heiligen Vater angreifen - auch wenn ich die Geste nicht gut fand (bis auf das zehnminütige Gebet in Stille). Ich möchte auch weder kath.net noch meinem Lieblingsblogozesenpater Alipius vor den Karren fahren, mich wundert einfach nur, warum Dinge, die bei anderen ein Unding wären, bei Franziskus teilweise nicht nur ok, sondern manchmal auch angeblich grandios sind. Das erscheint mir wenig konsistent. Vielleicht ist es aber auch so, daß durch das Beispiel von Franziskus man selbst sanftmütiger wird - Alipius drückt etwas ähnliches aus -, in der Hinsicht bin ich gespannt, wie man bei etwaigen Entgleisungen eines Zollitsch oä in Zukunft reagieren würde.

Poetry time!

Wenn ich auf der Arbeit am Computer sitze - was passieren kann - und Ionentrajektorien simuliere oder was sonst auf meiner To Do-List steht, höre ich gerne etwas nebenbei. Seit einigen Monaten höre ich kaum noch Musik, und so höre ich einerseits dank meiner Frau das Silmarillion, Catholic Answers - und desöfteren gerne Howl von Allen Ginsberg. Ich finde, dieser lange Text zeigt sehr gut, daß man eine Art Gedicht ohne Reime schreiben kann, ohne nach einem israelkritischen Günter Grass oder einem "spirituellen" Schreiber moderner Gedichte zu klingen. Während letztere sich lesen wie Prosatexte, bei denen einfach zu häufig auf die Returntaste gedrückt wurde, ist hier erstens die Sprache durchaus stark - nicht jeder Text fängt mit einem so grandiosen Opener an wie "I saw the best minds of my generation destroyed by madness, starving hysterical naked, dragging themselves through the negro streets at dawn looking for an angry fix" Zum zweiten gibt es durchaus Strukturen; im zweiten Part, wenn gefragt wird, was die Menschen zerstörte, wird Moloch mit diversen, sich in der Struktur ähnelden Ausrufen charakterisiert und schließlich, im dritten, im versöhnlichen Part, wird auf einen dieser zerstörten Menschen - Carl Solomon - Bezug genommen: I'm with you in Rockland where you're madder than I am I'm with you in Rockland where you must feel very strange I'm with you in Rockland where you imitate the shade of my mother I'm with you in Rockland where you've murdered your twelve secretaries I'm with you in Rockland where you laugh at this invisible humor Irgendwie hat mir dieser Text gezeigt, daß man durchaus ein "modernes" Gedicht schreiben kann - ohne ein Machwerk wie das damalige von Grass zu verfassen. Und warum sowas auf diesem Weblog landet? Nun, ich könnte bemühen, daß die Beat generation, von der Ginsberg ein wichtiger Vertreter war, sich als beatified generation sah, und über Umwege versuchen, einen Bezug zum Katholischen herzustellen. Aber das wäre gelogen - ich sag ganz einfach dreist: Das ist mein Blog, ick kann machen was ick will ;) Nee, ernsthaft, ich wollte eh desöfteren wieder Schwank aus Leben-Posts bringen.

Intelligenz unbrauchbar?

In fact, that kind of reactionary anti-intellectualism is what’s driven Catholic culture into the ground, leaving us with a pietistic, Precious Moments-style faith with all the marrow sucked from it. It refuses to ask hard questions and make challenging inquiries because “intrigue is one of the enemy’s tools,” ...
Quelle: God and the machine, in einem Teil der Artikelserie über die Wurzeln von (oh the horror) Tarot Ich möchte hier jetzt nichts über die Artikelserie schreiben - dazu müßte ich sie noch lesen - aber das oben genannte Zitat halte ich für generell wichtig. Vor einigen Jahren traf ich mich mit einem Freund des Opus Dei in Berlin. Jener war inzwischen Leiter eines Studentenhauses und hat mit der Truppe eine Reise nach Berlin unternommen. Wir sind also alle zusammen in eine Bar gegangen, haben uns unterhalten und gutes Bier getrunken - was man eben so als Katholik macht. Mit einem der jüngeren Leute - ein Wirtschaftsstudent, wenn ich mich recht erinnere - habe ich mich länger unterhalten - bis er die Bombe fallen ließ: Er glaube nicht an das heliozentrische Weltbild. Ich fragte ihn, auf welcher Basis er weiterhin am geozentrischen festhalte, und er erklärte mir, daß er der Bibel mehr glaube als der Wissenschaft und die Kirche habe ohnehin das Heliozentrische Weltbild als nur nicht dem Glauben widersprechend erklärt - keineswegs als das korrekte Weltbild. Als ich weiterbohrte, was zu Bessel und Struve und Henderson zu sagen ist, sagte er, diese hätten keine religiöse Autorität. Die drei genannten haben im 19. Jahrhundert durch die Entdeckung der Parallaxenbewegung von Fixsternen letztlich das Heliozentrische Weltbild bewiesen. Die Parallaxenbewegung wurde schon zu Gallileis Zeiten von einigen Jesuiten als Kritik am Heliozentrischen Weltbild angebracht: Wenn sich wirklich die Erde um die Sonne drehen würde, müßte man dann nicht eine Relativbewegung der Sterne sehen können. Gallilei hatte damals kein Gegenargument - einfach weil die immense Entfernung der Sterne für damalige Menschen noch unvorstellbar war. Jahrhunderte später konnte diese Relativbewegung detektiert werden. Vielleicht bin ich ein zu arroganter Naturwissenschaftler, aber ich habe dann das Thema gewechselt, da mir der freundliche Herr dann doch etwas verbohrt vorkam; er ließ nicht nur kein Argument von Nicht-Katholiken gelten, sondern kein Argument gegen das geozentrische Weltbild im allgemeinen. Oder nein, noch schlimmer: Er verschloß die Augen vor den Argumenten und machte aus einer Tatsache eine Meinung - gegen die er sich auch entscheiden konnte, wenn er denn wollte. Ähnliches habe ich manchmal bei einem bestimmten Typ von Kreationisten gesehen (überflüssig zu sagen, daß der zitierte Herr ein Vertreter derselben war), daß Leute, nur weil sie es schöner finden würden, daß Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat, daran glauben. Sie versuchen nicht (wie andere Vertreter des Kreationismus), ihre These zu belegen, das interessiert sie nicht. Sie lassen einem sogar den "Glauben" an die Evolution und verlangen vom Gegenüber dasselbe. Nicht, daß ich etwas gegen einen gewissen Pluralismus habe und nicht, daß ich jetzt irgendwie wie ein zelotischer Wissenschaftler die Foren der Kreationisten durchkämme, aber hier sehen wir letztlich eine Art Relativismus von rechts (wenn man stupide im links-rechts-Schema denken will): Während Modernisten meinen, jeder darf halt "sein Bild von Gott" haben, gibt es unter manchen Traditionalisten und Pietisten Leute, die meinen, jeder darf halt "sein Bild von der Welt" haben. Gerade bei diesem Relativismus von rechts sehe ich da doch eine Art Zwiespalt; man glaub an einen absoluten Gott, der sich den Menschen offenbart hat und das auch immer noch tut, aber an eine Welt, die wir letztlich nicht erfassen können - weshalb jeder die Sicht der Welt halten kann wie ein Dachdecker. Ist das die Sicht der Welt, die einen Albertus Magnus oder einen Lemaitre angetrieben hat? Es gibt jedoch noch ein anderes Problem, und das ist die Glocke, die bei mir geklingelt hat, als ich obiges Zitat las: Durch eine solche Haltung wird Glaube umdefiniert. "Ich glaube halt, daß die Erde im Zentrum des Sonnensystems steht, aber du kannst gern Deiner Meinung sein" - Glaube wird Meinung. Ist das nicht der Denkfehler, den Pastafari und Konsorten tun, wenn sie meinen "Na, dann ich ja auch an ein Fliegendes Spaghettimonster glauben"? Gott ist der Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt - die sichtbare Welt ist sogar als erste im Credo genannt! Und glauben wir wirklich, daß dieser Gott, der die Welt erschuf, diese als unwichtig erachtet? Gott setzte alles an seinen Platz, er , der Treue und Wahrhaftige, die Wahrheit selbst - dann sollte uns doch die innere Ordnung dieser Welt interessieren! Und ich denke, daß das die katholischen Wissenschaftler durch die Jahrhunderte angetrieben hat - und keine einfache Meinung. Es wäre in der Hinsicht sehr gut und sehr wichtig, wenn innerhalb der Christenwelt sich diese Art von "Ich bilde mir meine Meinung über die Gestalt der Welt" überwunden wird.

Freitag, August 09, 2013

Tolle, lege

Ich weiß gar nicht, ob für dieses Magazin in der Blogozese schon genügend Werbung gemacht wurde, jedenfalls lest Regina! Regina Mag versteht sich als katholisches Magazin, daß das Wahre, Gute und Schöne im Rahmen der kirchlichen Tradition und unseres Verstandes sucht. Man sollte zwar den Alten Ritus nicht gerade hassen, aber selbst wenn man kein extraordinärer Aficionado, sondern ein regulärer, konservativer Katholik ist, kommt man in den Artikeln voll auf seine Kosten. Themen? Sure they have: - A Christ - Centerd Approach to Fitness - The Secret Catholic Insiders Guide: Affordable, Catholic Rome - Desire and Chastity (Suddenly being covered up is sexier than showing skin) - Chestertons' secret people - the english catholics - The Ancient Legend of Lindisfarne Man sieht also, breit gestreute Themen nicht nur rund um den Glauben, sondern eher darauf, wie der Glaube auf Leben und Kultur abfärbt und jene prägen kann. Ich habe jedenfalls das Lesen bisher sehr genossen und möchte es euch nicht vorenthalten. Es haut für mich in eine änliche Kerbe wie Dappled Things - was auch sehr empfehlenswert ist. Nun habt ihr, wenn ich schon nicht ständig was schreibe, mal wieder was zu lesen! Aber Phil, werden manche Leser jetzt fragen, was kann ich lesen, wenn ich mal Lachen will? Dann kann ich Eye of the tiber empfehlen, quasi ein Postillon der Katholiken. Ich muß zugeben, daß ich nicht bei allen Dingen lachen kann, ja, sie schießen manchmal über das Ziel hinaus, manches wirkt gezwungen - eben die KRankheiten, die Satire so an sich hat. Andere Artikel sind jedoch dann sehr lesenswert und amüsant (Liturgiemißbrauch durch Stolpern, Gottes Werk und der Gremien Beitrag, um mal zwei Beispiele), außerdem mußte ich dann doch über die Gebetsbitte schmunzeln:
"Please pray for a co-worker of mine who sneezed a moment ago, that God will bless him during this time of difficulty."