Ich weiß ja gar nicht, ob der/die/das Blog überhaupt noch gelesen wird. Wenn nicht, bin ich nicht sauer, so selten, wie ich z.Zt. poste ist das verständlich.
Jedenfalls, was treibt der kleine Katholik so in Bln?
Gerüchten zufolge hab ich abgenommen, da ich aber keine Waage in meiner Kemenate habe, kann ich das nicht beurteilen.
Am 6.9. hatte ich meine letzte Diplomprüfung. Das war ein harter run, member mi tell you, folks... Ich hatte über ein Jahr eigentlich keine Pause in Sachen physikalisches Zeug lernen, und es GING NICHTS MEHR. Ich konnte pro Tag vllt drei Seiten über Molekülphysik lesen, sonst waren es locker vierzig Seiten. Es ging einfach nicht mehr, die Bockfrage stellte sich kaum, es war keine Kraft mehr da. Dazu kam, daß so eine Dame, die mir einen Korb gab, sich ständig mit mir treffen wollte, was mich ziemlich anpisste... erstens: Was zum Geier will ich mich mit der treffen, sozusagen, zweitens entschied sich grad, ob eines der wichtigsten Abschlußzeugnisse meines Lebens gut oder schlecht wurde.
Schließlich kam der Tag der Prüfung, der natürlich von viel Gebet begleitet war. Und dudes! Es war eine unglaublich tolle Prüfung! Zwar kam am Ende "nur" eine 1.7 raus, womit ich aber mehr als nur zufrieden war - schon allein wegen dem kleinen Burnout. Was aber das tolle war, war, daß die Prüfung einen unglaublich entspannenden Charakter hatte. Es war mehr ein Gespräch über Physik - freilich eines, wo ich die Fragen zu beantworten hatte - denn eine Prüfung im Stil der "peinlichen Befragung", wow! Das war wirklich ein wunderschöner Abschluß dieser interessanten, anstrengenden Abschlußzeit des Studiums, sage Gott meinen Dank!
So, dann war ich erstmal arbeitslos. Hartz IV ist ja eine ziemliche Scheiße, muß ich sagen. Dazu kam ich zu einem vollkommen inkompetenten Sachbearbeiter, der mich auf Teufel komm raus so behandeln wollte, wie jeden Langzeitarbeitslosen. Ich sollte bspw. zu einem viertägigen Ganztagsseminar, wo ua. ein Leistungsprofil erstellt worden wäre, damit ich weiß, was ich kann. Hallo??? Ich habe sieben Jahre Physik studiert, habe ein Diplom von immerhin 1.9 bekommen, meine Diplomarbeit wird in den fraglichen Kreisen diskutiert und gelesen, ich habe eine englischsprachige Postersession auf der Frühjahrstagung der deutschen physikalischen Gesellschaft vorzuweisen - was also werde ich gut können? Dazu habe ich mich von Anfang an bei diversen Doktorantenstellen beworben und bei einer Ausbildung zum Patentanwalt. Was soll also der Scheiß!?
So, der Bewerbungsmarathon ging los und war eigentlich nicht wirklich schlimm. Mein erstes Bewerbungsgespräch war bei der Patentanwaltschaft, die sich jedoch dann für einen anderen entschied. Das war mir dann eigentlich auch recht, denn, was ich im Laufe des Bewerbungsgespräches hörte, war zu meinem Leben inkongruent.
Dann kamen einige Bewerbungen bei Doktorantenstellen, wo mich zwei Arbeitsgruppen gleich zu Gesprächen bzw. einem Bewerbungsvortrag einluden.
Die Stelle am FHI (Fritz Haber- Institut, vor kurzem in die Presse durch Herrn Ertl gekommen, der im Bereich der Oberflächenphysik einen Nobelpreis bekam) wurde dann erstmal nichts, weil anscheinend zw. meinem Ansprechpartner und dem Direktor des Instituts kleine Differenzen vorlagen. Ok. Dann hatte ich am Max Born-Institut (am Arsch der Welt in Adlershof) einen Bewerbungsvortrag. Boah, die Diskussion danach war übel. Ich wurde noch nie so zerlegt. Danach habe ich den Vortrag als Erfahrung eingestuft, woran ich lernte, was ich nächstes Mal anders machen muß.
Nun, die Zeit geht ins Land, es ist ein kleiner Uni-umtrunk und ich treffe auf dem Gang Herrn Frischkorn, einem Habilitanten meiner Uni. Ach, denke ich, frag ich mal, was er so macht und ob die Arbeitsgruppe einen jungen, engagierten Doktoranten brauchen kann. Er stellt mir die Arbeitsgruppe vor und das, was sie tun. und da wurde mir einiges klar:
- Oberflächenphysik ist eine extrem geile materie, an der ich arbeiten will (damals war noch die Frage, ob ich in molecular switches oder in der heterogenen Katalyse arbeite, ich habe mich dann für letzteres entschieden)
- Die Arbeitsgruppe macht einen echt interessanten Eindruck
- FU Berlin - ich liebe Dich!
Also habe ich mich, obwohl ich wider Erwarten vom Max Born-Institut eine Zusage (was heißt eine? eigentlich zwei) erhielt, da beworben, weil das die Stelle war, die ich unbedingt haben wollte. Ich wurde recht schnell zu einem Bewerbungsvortrag eingeladen. Und boah... das war ein toller Vortrag. Wenn Eigenlob stinkt, muß ich jetzt sicher gleich lüften, aber das ist mir egal! Es hat einfach ALLES gestimmt! Und es war während es Vortrages eine wunderbar fruchtbare Diskussion, wo ich nie "Keine Ahnung" sagen konnte, YEAH!
Na ja, und nun habe ich die Stelle, die ich haben wollte, toll :)
Montag werde ich nun mein neues büro beziehen, an der FU Berlin und mich in den nächsten drei Jahren der Oberflächenphysik in Gasumgebung widmen. Cool, ich freu mich so!!!
Ansonsten mach ich wieder mehr Sport und ärger mir gerade den Arsch wund, daß ich von montag so einen Muskelkater habe. Ich wollte montag, mittwoch und Freitag Krafttraining machen - jeweils mit einem anderen Fokus, aber anscheinend muß ich meinen Trainingsplan ändern. Jedenfalls weiß ich seit gestern, daß ich in Zukunft 13 min für 100 Liegestütze toppen muß. In Ordnung, wird schon gehen. Was mich aufregt, ist, daß ich heute eben nicht das geplante Programm machen kann, schließlich wollte ich heute Tabata-Intervalle machen, ein recht extremes Workout, was pro Übung nur vier Minuten dauert - ich aber maximal zwei der Übungen in einer Session schaffe.
Ich habe gemerkt, daß ich recht eitel geworden bin! Ich hoffe, nun kommt kein Katholik mit der Moralkeule, ich bemühe mich im Augenblick, sehr stark auf mein äußeres zu achten und die ersten Dinge, die ich mir von meinem Gehalt, wenn das dann kommt, kaufen werde, sind einige Dinge, die meine Wohnung schöner machen - ok, die ALLERERSTEN zwei Dinge für die Wohnung werden ein großes Bett und eine Klimmzugstange sein. Vielleicht kommt noch ein Sandsack dazu, denn ich will ja eigentlich mit Mixed Martial Arts anfangen.
In den letzten Monaten ist mir klar geworden, daß ich viel zu oft meine Probleme auf die Situation geschoben habe, bzw. auf Gott, aufs Leben, auf die Welt blablabla. Das war blöd und nun versuche ich, sozusagen Gott aus meinen Problemen herauszuhalten. Nein, das ist falsch. Ich sehe, daß Gott einem gerne die Gebete erhört, aber auf das eigene Tun auch pocht. Wenn ich für meine Prüfungen nicht gelernt hätte, wenn ich den Bewerbungsvortrag nicht oft geübt hatte - welchen Grund hätte Gott gehabt, meine Gebete zu erhören, wenn ich faul in der Sonne liege (oder jetzt im herbstlichen Nieselregen)?
Mir ist daran aufgefallen, daß - ohne jetzt strengen Aktionismus predigen zu wollen - Demut viel mit Tun zu tun haben kann.
Was ist denn Demut? Ein Leiter des Opus Dei sagte mal bei einem Kreis, daß Demut die Tugend ist, die den Trieb des "Ichbezogenseins" in gesunde Bahnen lenkt. Ein Freund von mir, Atheist seines Zeichens, aber ein intelligenter Mensch, sagte mal, daß Demut für ihn das Bewußtsein über seine eigenen Grenzen bedeutet.
Das beides stimmt. ich finde jedoch, man kann noch mehr sagen. Sehen wir uns so viele Heilige der Kirchengeschichte an. Sie alle waren demütig, aber im Vertrauen auf Gott oft auch aktiv und selbstbewußt. Sehen wir uns Mutter Theresa an; sehr demütig, aber nicht (im negativen Sinn) beschieden. Ich habe bei mir gemerkt, daß meine Selbstverachtung in sich eigentlich ein Hochmut war. Das zeigte sich darin, daß ich mir auch nach der Beichte oft nicht vergeben konnte. Solche Gedanken haben eigentlich nichts mit Demut zu tun; Wenn Gott, der höchste Richter Dich begnadigt hat - und was anderes ist die Beichte? - wer bist dann Du, Mensch, daß Du dieses Urteil anzweifelst? Gott hat sein Urteil gesprochen und das hieß et ego te absolvo....
Desweiteren hat Demut auch mit Demütigung zu tun. Man muß bereit sein, sich eine Blöße zu geben, zu akzeptieren, nicht akzeptiert zu werden.
Eigentlich - wie so viel anderes in unserem Glauben - eine Weisheit, die auch ungläubigen helfen könnte: Wenn man bereit ist, zu agieren, jemandem bspw. die Meinung zu sagen und damit zu riskieren, nun nicht mehr so toll angesehen zu sein, ist das kein Hochmut und keine Arroganz, jedenfalls nicht mehr Arroganz, als wenn man um des lieben Frieden willens die Klappe hält. Das betrifft das zeugnis des Christen in der Öffentlichkeit, das betrifft allgemein seine Meinung zu sagen und ja, das betrifft auch weltliche Dinge wie mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Es erfordert Überwindung - Demut - mit einem bis dato unbekannten Leuten zu sprechen - ok, das ist bei mir so, da ich von Natur aus etwas verschlossener bin. Man muß auch wagen können, vielleicht mal bei Leuten wie ein Idiot dazustehen.
Ok, so weit ein Lebenszeichen von mir, ich hoffe, ich kann nun mal wieder "stay tuned" sagen. Ich wünsche euch allen Gottes Segen!