Mein Blog ist ja leider durch mein eigenes Verschulden zu einem "alle Jubeljahre"-Blog geworden. Das tut mir leid, ich kann jedoch nur sagen, daß bei mir in Sachen religiösem Bloggen die Luft ziemlich raus ist - leider. Das mag mal wiederkommen, wenn ich aber jetzt was schreib werde ich wahrscheinlich primär bei der
Deutschen Chesterton Gesellschaft über Distributismus und ähnliches schreiben. Dazu bilde ich mich im real life ziemlich weiter über interesannte Dinge wie Arduino-Programmierung, FMEA, Design Patterns, doppelte Buchführung mit Ledger undundund. Ihr seht, ich bin weiterhin der Nerd, der ich immer war, nur hier bin ich doch recht still. Ich muß noch sehen, ob und wie ich diesen Blog in mein Leben wieder einbauen kann, das wird sich zeigen.
Aber das ist nicht der Grund, warum ich hier mal wieder was schreibe, ich möchte was anderes schreiben, und dazu hole ich sehr weit, fast zweitausend Jahre und über 2000km weit aus und ergänze das durch meine private Interpretation, die, zugegebenermaßen historisch gegebenenfalls falsch sein kann:
Während Paulus in Athen auf sie wartete, erfasste ihn heftiger Zorn; denn er sah die Stadt voll von Götzenbildern.
Er redete in der Synagoge mit den Juden und Gottesfürchtigen und auf dem Markt sprach er täglich mit denen, die er gerade antraf.
Einige von den epikureischen und stoischen Philosophen diskutierten mit ihm und manche sagten: Was will denn dieser Schwätzer? Andere aber: Es scheint ein Verkünder fremder Gottheiten zu sein. Er verkündete nämlich das Evangelium von Jesus und von der Auferstehung.
Sie nahmen ihn mit, führten ihn zum Areopag und fragten: Können wir erfahren, was das für eine neue Lehre ist, die du vorträgst?
Du bringst uns recht befremdliche Dinge zu Gehör. Wir wüssten gern, worum es sich handelt.
Alle Athener und die Fremden dort taten nichts lieber, als die letzten Neuigkeiten zu erzählen oder zu hören.
Da stellte sich Paulus in die Mitte des Areopags und sagte: Athener, nach allem, was ich sehe, seid ihr besonders fromme Menschen.
Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer ansah, fand ich auch einen Altar mit der Aufschrift: EINEM UNBEKANNTEN GOTT. Was ihr verehrt, ohne es zu kennen, das verkünde ich euch.
Paulus sieht also eine diffuse, vielleicht bei manchen fehlgeleitete Sehnsucht nach einem Gott, den die Athener nicht kennen. In Athen gab es verschiedenste philosophische Strömungen, die, sagen wir es mal plump, an unterschiedlich viele Götter glaubten und eine unterschiedliche Nähe zum griechischen Patheon hatten. Nun gab es also anscheinend unter den Athenern Leute, die erkannten, daß irgendwas mit den klassischen Göttern, von einem mit seiner Schwester verheirateten Zeus und einem seine Kinder essenden Kronos, daß da irgendwas nicht ganz stimmte. Sie bauten sogar ein Standbild, um dieser diffusen Sehnsucht nach der wirklichen Wahrheit Gestalt zu geben. Sicherlich waren diese Leute von manchen klassischen Anhängern der alten Götter als Gefahr gesehen, ordnen sie sich doch nicht den eigentichen Göttern unter sondern stellen einen letztlich behaupteten Gott über alle anderen. Ich frage mich, ob alle am Areopag diesen Altar wirklich gut fanden oder ihn sogar manchmal als Schande für Athen sahen. Ich frage mich auch, ob all die Anhänger des "unbekannten Gottes" einfach gute Menschen waren oder ihn als Entschuldigung für ihren eigenen Egoismus nutzten, wir wissen es nicht.
Paulus, der in der Kultur Athens vieles sieht, was ihn wahnsinnig ärgert, nimmt diesen Altar als den Startpunkt seiner Predigt. Er ist es, der den unbekannten Gott verkündet, zum Trotz der Gruppierungen in Athen, die immer noch alten Göttern fröhnten. Anhänger der alten Götter könnten sagen, daß er eine These vertritt, die diesen Anhängern des unbekannten Gottes in die Hände spielen.
Nun, fast zweitausend Jahre später versammeln sich inzwischen zwanzigtausend Menschen in Dresden unter dem ziemlich sperrigen Motto "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes". Die Bewegung findet einen breiten Zuspruch nicht nur von Gruppierungen, die unterstützenswert sind. Die Gruppierung wird vom modernen Establishment als Gefahr gesehen. Die Gruppierung selbst tut sicherlich nicht viel dagegen, wenn sie die Presse insgesamt als "Lügenpresse" bezeichnet und kategorisch Interviews mit der Presse ablehnt. Doch ich möchte darauf blicken, wie sich die Kirchen verhalten: Sie schlagen die Türen komplett zu und stellen sich auf die Seite des Profanen. So hat der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD den Leuten, die zu den Demos hingehen, das Christentum per se abgesprochen und auch die Reaktionen der Katholiken sind nicht viel zustimmender - so wird das Licht des Kölner Doms ausgeschaltet (das wars dann wohl mit dem Licht in der Finsternis). Es gibt zwar auch einige nicht komplett ablehnende Stimmen, die betonen, daß man zur Rettung des Abendlandes andere Dinge tun müsse (gerne mit Verweis von wegen jeden Sonntag in die Kirche gehen).
Ist es das, was die Kirche tun sollte? Ich habe vor einiger Zeit mal was von Bischöfen, die nach Stallgeruch riechen sollen gehört. Wenn tatsächlich Nazis bei Pegida mitlaufen - nun, braune Scheiße ist eine der üblichen Duftquellen für Stallgeruch. Ich habe gehört, daß wir Christen mehr zu den Peripherien gehen sollten. Dort in Dresden und inzwischen auch in anderen Städten sind viele Leute, die sich von der Politik und den Medien nicht verstanden fühlen, die sich belogen und betrogen vorkommen - ist das nicht Peripherie? Da sind Leute, die, zumindest dem Namen nach, eine Sehnsucht nach dem (christlichen) Abendland verspüren - nun, es gibt da eine Gemeinschaft, von der ein Teil auf Erden ist und die eine fast zweitausendjährige Erfahrung mit diesem christlichen Abendland haben, daß die anderen meinen, verteidigen zu wollen. Wäre es da nicht ein guter Ansatz, um eben jenen Leuten zu erzählen, was das christliche Abendland ist?
Ihr merkt: Es geht mir nicht um eine Verteidigung oder Glorifizierung von Pegida. Ich möchte, trotz aktueller dramatischer Ereignisse (Stichwort Charlie hebdo), auch nicht über den Islam sprechen - dort gilt ohnehin "Wer Ohren hat, der höre" - Das Gebrüll des Löwen, der um die Welt zieht um zu suchen, wen er verschlingen kann, ist unüberhörbar.
Es geht mir darum, daß die Kirche, wenn sie denn meint, daß Pegida Rattenfänger sind und die Leute, die dieser Bewegung folgen, letztlich einfach geblendet sind - dann
bitte heilt sie und macht nicht diesen hämischen Scheiß vom Rest der Welt mit! Sind wir nicht besser?
Es wird, wie ich schon kurz angerissen habe, oft auch betont, daß man ja für ein christliches Abendland sei und auch wegen mancher Entwicklungen im Islam besorgt, aber die Pegida-Leute wählen hier den falschen Ansatz. Man solle doch mehr beten, mehr in die Messe gehen und den glauben offener Leben. Klar, ich stimme vollkommen zu, daß es Weltkrisen gibt, weil es an Heiligen fehlt, aber auch die Heiligen hatten konkretere Pläne. Was heißt denn genau "glauben offener Leben"? Und nein, ich richte die Frage nicht an die Laien, das tun viele Leser ihrem Stand gemäß schon ganz akzeptabel, meine Frage richtet sich an die Bischöfe, an die Priester und Ordensleute, die öffentliche Bekundungen zum christlichen Glauben organisieren könnten. Warum nicht am Montag - oder, wenn man Angst vor einer Gleichsetzung mit Pegida hat, am Dienstag jede Woche eine eucharistische Prozession veranstalten? Warum nicht - wie in so vielen Gemeinden, die Fronleichnamsprozession nicht nur still und leise im eigenen Vorgarten oder gar im Dom, sondern, EGAL, wie das Wetter ist, draußen, dort, in der Peripherie? Wir würden der Welt - denen, die sich nach dem Abendland sehnen und denen, die es verspotten, nicht weniger zeigen als Christus selbst! Wann war außerhalb von zünftigen Wallfahrtsorten die letzte Marienprozession? Feiern wir überhaupt noch Michaelmas?
Es gibt, neben dem offensichtlichen, so viel, was man tun könnte, um ein katholisches Bild dieses christlichen Abendlandes zu zeigen. Aber was machen wir? Während zehntausend Leute Weihnachtslieder singen, geben wir bei Facebook zu bedenken, daß das in der Adventszeit geschieht. Das stimmt zwar, ist aber Schreibtischmission (dieser Blogpost auch, ja, ich weiß).
Mensch, wenn wir uns wirklich sorgen um die Leute, die den "Rattenfängern von Pegida" machen würden, warum gehen wir nicht hin und suchen das Gespräch? Ein Priester aus Österreich, Pater Josef Herget, sucht das Gespräch mit Moslems, knüpft an das an, was sie kennen (bspw Jesus) und verkündet ihnen das Evangelium. Weder betont er nur das Gemeinsame noch verdammt er sie einfach. Auf das wir dieselbe Balance bei Pegida finden!