Sonntag, August 29, 2021

Die Versuchung und der Weg in den Schicksalsberg

Zwei der großen Fragen, die an den Herrn der Ringe gestellt werden, sind die die folgenden: 

  • Warum haben die Adler nicht einfach Frodo zum Schicksalsberg getragen? 
  • Warum hat Sauron den Schicksalsberg nicht besser bewacht? 
Heute möchte ich mich der letzten Frage etwas widmen. 

Das klassische Meme machte Sean Bean als Boromir unsterblich: 


Die Film-Trilogie von Jackson sorgte jedoch dafür, dass man, spätestens nach Cirith Ungol, genau den Eindruck von einem großen Spaziergang zum Schicksalsberg hatte. 

Zum Einen stellt jedoch selbst der Film dar, dass eine Ablenkung der Mächte des Westens es Frodo und Sam überhaupt möglich machen, quasi unter dem Radar von Sauron zu bleiben. 

Dieser Einsatz der Menschen, angeführt von Aragorn Elessar, ist, nebenbei ein Punkt, den die "Small is beautiful"-Aficionados gerne vergessen, wenn sie sagen, dass ein kleiner, unscheinbarer Hobbit Sauron zu Fall brachte. Ohne die zwar ebenfalls nicht gewaltige, aber dennoch nicht schwache Schar unter Aragorns Führung hätten Frodo und Sam es kaum schaffen können. Das Große und das Kleine können nicht alleine für das Gute kämpfen. 

Doch auch mit dieser Ablenkung war, betrachtet orientiert man sich an der Romanvorlage, der Weg zum Orodruin kein Spaziergang. In folgendem Video geht der empfehlenswerte Kanal "In Deep Geek" ziemlich gut darauf ein: 

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Doch auch In Deep Geek räumt ein, dass "Sauron wenigstens eine Tür hätte installieren können". Und ja, rein rational könnte man zustimmen. Trotz der Mordor umgebenden Gebirgsketten, trotz Shelob, der Orks, der Stummen Wächter etc. - eine Tür wäre doch "just in case" sinnvoll gewesen, oder? 

Derart rationale Gedanken ignorieren die Banalität des Bösen, wie sie sich bei Sauron zeigt. Wie in obigem Video schon angedeutet vertraute Sauron darauf, dass niemand den Ring tatsächlich zerstören würde. Die Versuchung des Ringes der Macht wäre zu groß gewesen. 

Ich glaube deshalb, dass Sauron die Tür nicht vergessen hat, sondern bewusst nicht aufbauen wollte. Das Böse möchte gerne, gerade im Rahmen seiner Versuchungen, die Illusion des freien Willens aufrecht erhalten. Dem Drogensüchtigen sagt die Versuchung, dass er "aufhören kann, wann immer er will". Ebenso kann sich der Reiche - theoretisch - von seinem Reichtum trennen, es ist ja sein Geld! Und doch war der reiche Mann nach der Einladung Jesu betrübt und ging weg (Mk. 10:22). 

Und so steht Sammath Naur, die Schmieden, in welchen der Ring geschaffen wurde, jedem offen. Komm doch, will Sauron dem Ringträger sagen, komm doch und wende Dich gegen Deine Natur. Ich weiß doch, dass Du niemals den Ring der Macht zerstören wirst, ich will jedoch sehen, wie Du daran scheiterst. 

Und letztlich hat er fast recht gehabt. Selbst Frodo konnte den Ring nicht in die Flammen werfen. Paraphrasierend möchte man sagen: 

"Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr als dass ein Lebendes Wesen freiwillig den Ring in die Flammen des Schicksalsbergs wirft". 

Womit jedoch Sauron nicht rechnen konnte, womit auch der Teufel nicht gerechnet hat, war, dass jemand es tatsächlich mal schaffte. 

"Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott, denn für Gott ist alles möglich"

Entsprechend, wie um Mk 10:27 zu untermauern, war es kein Isildur, nicht mal ein Frodo, der den Ring am Ende vernichtete. Es war jener, von dem niemand, nicht einmal er selbst, es erwartete: Gollum, von seinem Verlangen nach dem Ring zerfressen, nicht mehr fähig, rational im Schicksalsberg zu handeln. Und so fiel er in die Flammen von Orodruin. Er, der Archetyp des durch die Sünde entstellten, konnte so doch einen entscheidenden Part zum Guten tun.

Sauron hat bewusst keine Tür vor Sammath Naur vorgesehen. Er wollte sehen, wie Ringträger bei der Entscheidung zum Guten wieder scheitern. Womit er jedoch nicht rechnen konnte, womit das nicht das Böse und nicht einmal der Sünder selbst rechnen konnte, war jedoch Erlösung und Umkehr: Das selbst das Gefallene, selbst ein Smeagol, der seinen Cousin für einen Ring umbrachte, das Heil der Welt erwirken kann. 

1 Kommentar:

Marcus, der mit dem C hat gesagt…

Und Frodo war am Scheitern in der Versuchung, wäre Gollum und seine Gier nicht gewesen, hätte er den Ring nicht aufgeben können. Erst als das Böse sich selbst bekämpft, gelingt der Plan der Weisen des Lichts.