Auf
Badger Catholic gibt es interessante Gedanken zum Rücktritt des Heiligen Vaters zu lesen. Ein Satz stach mir dabei - nicht nur wegen der drohenden Dramatik - besonders ins Auge:
Thus, I am afraid he sees huge storm clouds on the horizon - - even perhaps a looming secularist persecution - - that the Church is not prepared to weather since her members are also infected with the bacillus of the same secularism.
Mein Vater meinte dazu gleich: Wir müssen Farbe bekennen. Meine Gegenfrage war: Was ist denn die katholische Farbe? - Sicher, ich kenne einige Standardantworten:
- Katholisch ist allumfassend, deshalb gibt es keine eigene Farbe
- Rom- und lehramtstreu ist die Farbe
- Die liturgische Farbe der jeweiligen Zeit im Jahreskreis (höhö)
Sicherlich ist an den Antworten etwas dran - auch an der eher ironischen letzteren. Mir sind sie aber etwas unvollständig. Sicher, die katholische Kirche ist allumfassend, in ihr finden unterschiedlichste Riten, Traditionen und Brauchtümer ihren Platz. Bei der Kommunion steht der Rockerproll neben dem Alten Herrn einer Studentenverbindung. Und ja, natürlich ist das verbindende Element das gemeinsame Lehramt und die Ewige Stadt etc. Aber - ist das schon Farbe im Sinne von Identität?
Vielleicht hilft ein Vergleich: Sicher, wenn man Metaller ist, wird man viel Metal hören (ich rede nun ein wenig über das Klischee, daß ich zu meinen Metallerzeiten zu leben versuchte und übertreibe dabei natürlich etwas). Man wird sich mit den Bands auskennen und eifrige Diskussionen darüber führen können, ob eine Band noch true ist oder nicht. Man wird auch sehen, daß Metaller nicht nur Leute sind, die Heavy Metal hören, sondern auch welche, die Black Metal, Death Metal, Speed Metal, Thrash Metal, Stoner, Doom und was es sonst noch gibt hören. Man wird sich über die internen Grabenkämpfe ärgern, über die Vereinnahmungsversuche im Metalcore, den Metal durch Fremdeinflüsse bis zur Unkenntlichkeit zu verfälschen, aber auf der anderen Seite wird es Orte geben (wie so ziemlich jeder Club, in dem Metal gespielt wird), in dem man zu Leuten aus gewissen anderen Szenen (Gothic, Electro, Punk, Hardcore - die "schwarze Szene" halt) kontakt aufbauen kann.
Aber man wird noch mehr. Da ist zum einen der Aspekt der Identität. Man wird mit vielen Randgebieten sich auch anfreunden können. Wahrscheinlich wird man eher mit Fantasy-Literatur und Pen&Paper Rollenspielen sich anfreunden können als mit Graffiti-Kunst und Gangster-Filmen Marke "Menace 2 Society". Man wird wahrscheinlich Bierkonsum psychoaktiven Drogen vorziehen. Man wird gewisse ideologische Präferenzen haben, im metallischen Freundeskreis wird man eher Okkultisten und Wicca-Anhänger finden als, sagen wir mal Five percenter und Castaneda-Fans. Außerdem wird es sich in der Kleidung niederschlagen: Kutte mit Aufnähern, Springer, Lange Haare, Patronengurt und Nietenarmbänder, wenn man auf ein Konzert geht, im Alltag wahrscheinlich unscheinbare Chucks, Jeans und einen Kapuzenpulli.
Ein Metaller wird also nicht einfach über seine primären Trademarks sich mit Metal identifizieren, ein längerer Rattenschwanz wird dazu gehören. Was ist unser Rattenschwanz? Was kann sich dort tun?
Ich habe den Eindruck, daß das ein großes Problem ist. Mir kommt es so vor, daß wir einerseits entweder unser Erbe vergessen oder nur noch als Museumsobjekte am Leben erhalten und andererseits zu viel Zeit darauf vertun, zu zeigen, daß sich katholisch sein und was auch immer nicht ausschließt. Wie oft habe ich von "coolen Surfern", Wissenschaftlern, Rappern, Metallern, Sportlern und wem auch immer gelesen, daß er voll die tollen Vorträge hält (verzeihung, ich meine "Zeugnisse ablegt"), darüber, wie er im Alltag sein cool sein und katholisch sein unter einen Hut bringt. Aber letztlich sagt das zwei Dinge aus:
1. ) Katholisch sein ist nicht cool
2.) Cool sein ist wichtig
Ich denke, daß mindestens eine der Thesen falsch ist. Ich denke, wir sollten mehr betonen, daß unser Leben eine Einheit ist. Natürlich kann man als Katholik auch so einiges anderes sein, aber man muß es nicht immer so mit der Welt anbiedernd Marke "Guckt mal, ich bin auch mit Jesus cool" vor sich hertragen.
Was ich sagen oder eher fragen will ist ein Thema, was schon desöfteren seinen Weg auf den Weblog gefunden hat: Was ist unsere Identität? Was macht uns sonst noch aus, bis auf das gemeinsame Lehramt? Was könnte sich hier entwickeln bzw entwickelt sich hier?
Meine zwei cent bezüglich der Antwort sind folgende:
1.) Ich denke, daß "think big" ein guter Ansatz ist. Mein Vater hat vor einiger Zeit hier
über neue Kathedralen geschrieben. Nun wird man sicherlich nicht morgen eine aufbauen, aber man kann in die Richtung sich entwickeln. Neben der Gründung von Stiftungen etc., die Geld für ein solches Mammutprojekt sammeln könnte man sich wieder um neue katholische Kunst (mit Betonung auf allen drei Worten) bemühen. Was gibt es hier für Ansätze? Was könnte man verfolgen? Ich denke,
Dappled Things leistet hier ganz gute Arbeit.
2.) Ein Ansatz in Sachen neue Musik, der mir gut gefällt (wenn auch quasi dreiste Fremdannektion ist), ist einiges, was sich im katholischen Hip Hop tut, allen voran Akalyte aka MC Just und Apologist AKA D-Major. Es geht mir bei beiden weniger um das kuhle Gerappe - da muß ich fair sein und sagen, daß Wu Tang das besser machen -, sondern um das Einfangen einer katholischen Stimmung und der Ahnung der Farbe, über die ich hier philosophiere.
So, und nun seid ihr dran: Was ist katholische Farbe?