Sonntag, August 29, 2021

Weirde Musik oder reality is better than fiction

 Menschen neigen zum Teil dazu, eine Geschichte toller zu machen als sie tatsächlich war. Sicherlich ist das auch der Ursprung des klassischen Witzes: 


In einer Klausur war eine Aufgabe "Was ist Mut?". Ein Schüler gab ein Blatt ab, auf welchem nur der Satz stand: "Sehen Sie, das ist Mut!"

Nette Anekdote, die das viel gerühmte thinking outside the box schön illustriert. Doch was macht man daraus? Es aufbauschen. 

Ich wage die Behauptung, dass es in jedem sozialen Umfeld die Person gibt, welche behauptet, "Einen Studenten gekannt zu haben", der genau das tat. Doch da hört man nicht auf, nö. "Und wisst ihr was? Er hat ne Eins bekommen!!!1111". Tüllich, außerdem schenkte man ihm die Beneluxstaaten. Wenn man ganz genau schaut, sieht man, wie er mit seinem Raumschiff nun zu den Sternen fliegt. St. Dumbass, Schutzpatron der Naseweiße, bitte für uns. 

ARGH. 

Ja, man merkt, ich mag derartige Geschichten nicht. Noch weniger mag ich sie im christlichen Kontext. Christus ist der Weg, DIE WAHRHEIT und das Leben und benötigt derartig tumbe Aufbauschungen nicht. Mehr noch: Nichts ist interessanter als die Wahrheit. Gegen sie ist alles nur die Fan Fiction des Geschöpfes.  

Eine derartige Anekdote existiert im Rahmen von Weirder Musik. Ich erwähnte schon öfter die Band Reverorum ib Malacht, welche, obschon katholisch, den wohl mit düstersten Black Metal macht.

Besonders ist auch, dass die Band, anders als viele Unblack-Metal-Bands, durchaus weiterhin in der Black Metal Szene respektiert werden. Auch, weil die ganze Szene erwachsener wurde, aber vor allem, weil Reverorum Ib Malacht nicht von Anfang an christliche Texte hatten. 

Anscheinend haben hier Leute zum Glauben gefunden, ihren Musikgeschmack aber behalten. 

Doch das scheint vielen nicht zu reichen, und so macht eine Legende die Runde. So soll die Band ursprünglich satanisch gewesen sein. Sie las, um "noch blasphemischere Texte" zu schreiben, mittelalterliche Mystik and lo and behold - wurden sie katholisch. 

Diese Legende wird gerne mit Meme-Bildern von einem sich cuttenden, langhaaringen Typen im Facepaint angereichert: 


Nun ist es ein funny thing mit Bildersuche, kommt man darüber doch darauf, dass der sympathische (?) junge Mann auf dem Bild von der Band Crepusculum, einer absolut nicht christlichen Black Metal Band aus Polen, ist. 

Warum wird also gelogen? Ist uns die Wahrheit weniger Wert als eine billige Story? 

Mich stört dabei jedoch auch etwas anderes: Hinter dieser Geschichte steht die klassische Bekehrungs-Story, wie man sie gerne bei freikirchlichen Bands hört. Man kann das Zeugnis inzwischen fast auswendig: 

Ich habe früher Drogen genommen, herumgehurt, geil gerappt/grandiosen Metal gemacht/was auch immer für gute Musik gemacht, dann akzeptierte ich Jesus Christus als meinen Herrn und Erlöser und nun mache ich nur noch Musik für Jesus. 

Die dann, mit Verlaub, leider oft deutlich abgedroschener klingt als das, was sie ursprünglich gemacht haben. 

Nur dass man mich, bei aller Polemik, korrekt versteht: Ich finde es klasse, wenn Leute zu Gott finden. Dazu kann natürlich auch ein Damaskus-Ereignis gehören, welches einen Saulus zu einem Paulus macht. 

Vielleicht ist es auch einfach mein eigener Weg zum Glauben, der mehr die Einheit sieht. Der sieht, dass ich auch vor meinem Eintritt in die Kirche von Gott auf einem Weg zu ihm hin gesandt war. 

Ähnlich scheinen es auch die Leute hinter Reverorum Ib Malacht zu sehen, nehmen sie doch Songs aus ihrer Zeit vor der Bekehrung zum Teil neu auf. 

Insgesamt finde ich ihre Geschichte sehr spannend und kann jeden einladen, sich mit ihr zu befassen. Ein dazu passendes Interview ist auf Invisible Oranges zu finden. Wem das zu lang ist, hier eine Art TL;DR: 



Die Versuchung und der Weg in den Schicksalsberg

Zwei der großen Fragen, die an den Herrn der Ringe gestellt werden, sind die die folgenden: 

  • Warum haben die Adler nicht einfach Frodo zum Schicksalsberg getragen? 
  • Warum hat Sauron den Schicksalsberg nicht besser bewacht? 
Heute möchte ich mich der letzten Frage etwas widmen. 

Das klassische Meme machte Sean Bean als Boromir unsterblich: 


Die Film-Trilogie von Jackson sorgte jedoch dafür, dass man, spätestens nach Cirith Ungol, genau den Eindruck von einem großen Spaziergang zum Schicksalsberg hatte. 

Zum Einen stellt jedoch selbst der Film dar, dass eine Ablenkung der Mächte des Westens es Frodo und Sam überhaupt möglich machen, quasi unter dem Radar von Sauron zu bleiben. 

Dieser Einsatz der Menschen, angeführt von Aragorn Elessar, ist, nebenbei ein Punkt, den die "Small is beautiful"-Aficionados gerne vergessen, wenn sie sagen, dass ein kleiner, unscheinbarer Hobbit Sauron zu Fall brachte. Ohne die zwar ebenfalls nicht gewaltige, aber dennoch nicht schwache Schar unter Aragorns Führung hätten Frodo und Sam es kaum schaffen können. Das Große und das Kleine können nicht alleine für das Gute kämpfen. 

Doch auch mit dieser Ablenkung war, betrachtet orientiert man sich an der Romanvorlage, der Weg zum Orodruin kein Spaziergang. In folgendem Video geht der empfehlenswerte Kanal "In Deep Geek" ziemlich gut darauf ein: 

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Doch auch In Deep Geek räumt ein, dass "Sauron wenigstens eine Tür hätte installieren können". Und ja, rein rational könnte man zustimmen. Trotz der Mordor umgebenden Gebirgsketten, trotz Shelob, der Orks, der Stummen Wächter etc. - eine Tür wäre doch "just in case" sinnvoll gewesen, oder? 

Derart rationale Gedanken ignorieren die Banalität des Bösen, wie sie sich bei Sauron zeigt. Wie in obigem Video schon angedeutet vertraute Sauron darauf, dass niemand den Ring tatsächlich zerstören würde. Die Versuchung des Ringes der Macht wäre zu groß gewesen. 

Ich glaube deshalb, dass Sauron die Tür nicht vergessen hat, sondern bewusst nicht aufbauen wollte. Das Böse möchte gerne, gerade im Rahmen seiner Versuchungen, die Illusion des freien Willens aufrecht erhalten. Dem Drogensüchtigen sagt die Versuchung, dass er "aufhören kann, wann immer er will". Ebenso kann sich der Reiche - theoretisch - von seinem Reichtum trennen, es ist ja sein Geld! Und doch war der reiche Mann nach der Einladung Jesu betrübt und ging weg (Mk. 10:22). 

Und so steht Sammath Naur, die Schmieden, in welchen der Ring geschaffen wurde, jedem offen. Komm doch, will Sauron dem Ringträger sagen, komm doch und wende Dich gegen Deine Natur. Ich weiß doch, dass Du niemals den Ring der Macht zerstören wirst, ich will jedoch sehen, wie Du daran scheiterst. 

Und letztlich hat er fast recht gehabt. Selbst Frodo konnte den Ring nicht in die Flammen werfen. Paraphrasierend möchte man sagen: 

"Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr als dass ein Lebendes Wesen freiwillig den Ring in die Flammen des Schicksalsbergs wirft". 

Womit jedoch Sauron nicht rechnen konnte, womit auch der Teufel nicht gerechnet hat, war, dass jemand es tatsächlich mal schaffte. 

"Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott, denn für Gott ist alles möglich"

Entsprechend, wie um Mk 10:27 zu untermauern, war es kein Isildur, nicht mal ein Frodo, der den Ring am Ende vernichtete. Es war jener, von dem niemand, nicht einmal er selbst, es erwartete: Gollum, von seinem Verlangen nach dem Ring zerfressen, nicht mehr fähig, rational im Schicksalsberg zu handeln. Und so fiel er in die Flammen von Orodruin. Er, der Archetyp des durch die Sünde entstellten, konnte so doch einen entscheidenden Part zum Guten tun.

Sauron hat bewusst keine Tür vor Sammath Naur vorgesehen. Er wollte sehen, wie Ringträger bei der Entscheidung zum Guten wieder scheitern. Womit er jedoch nicht rechnen konnte, womit das nicht das Böse und nicht einmal der Sünder selbst rechnen konnte, war jedoch Erlösung und Umkehr: Das selbst das Gefallene, selbst ein Smeagol, der seinen Cousin für einen Ring umbrachte, das Heil der Welt erwirken kann.