Als guter Berliner bin ich natürlich Fan von Fil und seinem Comic Didi und Stulle. In einer Episode tritt Didi in einen... na ja... "Wettstreit". Gott führt alle Arten von Wundern vor und Didi kommentiert mit "Ick schlaf glei' ein, dit kann ick ooch". Insgesamt eine amüsante Passage über einen der liebsten ignoranten Berliner.
Die Haltung, die Didi in den Mund gelegt wird, im Beispiel gegenüber dem Allmächtigen, ist eine Haltung, di e man nur zu gut kennt. "Kann ick ooch" scheint sich so mancher Pumperjochen im Fitness-Studio zu denken, wenn er jemanden Gewichte squatten sieht, die deutlich unter seiner Beinpresse liegen. Sobald er selbst unter der Langhantel steht merkt er: Reden ist einfacher als machen.
Schon als Kind gab es dieses Phänomen. Ich kann mich noch an einen Banknachbar erinnern, der bei einer Zaubervorführung altklug sagte "Pff, das sind ja alles Tricks". Ja, duh! Surprise, der große David Copperfield beschwört keine Dämonen aus der Hölle um Karten verschwinden zu lassen, never thought that could happen.
Dang it, ich werde mal wieder salty! Warum rede ich aber über Maulhelden so viel? Weil ich denke, dass dies auch ein großes Problem in der Kirche ist.
Innerhalb der Kirche merkt man es an manchen Formen der Apologie um den neuen Ritus. "Richtig zelebriert", so erklären einige, "ist die ordentliche Form des römischen Ritus (wie man ja, möchte man der ecclesical correctness frönen, korrekt sagen sollte, ich weiß) mindestens so feierlich wie die außerordentliche Form".
Auch wenn ich finde, dass hier manche Aspekte ignoriert werden stimme ich ein wenig zu (ohne das mindestens). Ein schön gefeierter Novus Ordo was phantastisches! Ich erinnere mich in dem Sinne immer noch gerne an meine Hochzeit, die mit einer derartigen Liturgie aufwarten durfte. Those were the days my friend...
Ja, der Neue Ritus kann wirklich würdig gefeiert werden. Er wird es aber nicht dadurch, dass man es als Apologie gegen irgendwelche Tradis anführt, sondern dadurch, dass man ihn würdig feiert. Warum werden also Debatten über toxische Traditionalisten geführt, statt über die voranschreitende Banalisierung der ordentlichen Form? Und ich rede nicht von wirklich dramatischen liturgischen Missbräuchen, sondern von einem Gloria, was inzwischen aus der neuen Messe verschwunden ist. Von einem römischen Messkanon, der nun verklungen ist, weil er in der außerordentlichen Form schweigend, in der ordentlichen überhaupt nicht mehr gebetet wird. Von Psalmen, die durch "ähnliche Lieder" ersetzt werden. Von einer schleichenden Transformation des Messopfers in eine Glaubensunterweisungsstunde mit mehreren Predigten. All das sind Dinge, die selbst bei ordentlichen Versionen der ordentlichen Form (hrhr, tolle Formulierung) auftreten. Warum vertut man so viel Zeit, über Steve Stojeks und wer weiß wen noch auf tradtwitter zu schimpfen, anstatt sich für eine wirkliche Wiederentdeckung des Neuen Ritus in seiner Fülle auszusprechen?
Das Problem sieht man in ähnlicher Form in einem noch größeren Kontext. Wie häufig höre ich, dass der Glaube und die Vernunft sich nicht ausschließen. Dass der Glaube wirklicher wissenschaftlicher Arbeit nicht im Weg steht.
Ich glaube das nicht nur, ich bin arrogant genug zu meinen, dass die Vernunft in seiner Fülle erst jener findet, der Christus gefunden hat. Warum ist ein anderes Thema, vllt schreibe ich dazu mal einen Blogpost. Was mich jedoch daran stört: Wird eine Aussage wie die Gleichwertigkeit von Glaube und Vernunft als Ansporn oder als Entschuldigung verstanden? Oft habe ich den Eindruck, man trägt vor sich her, dass das Christentum - siehe all die Wissenschaftler in der Vergangenheit, die Lemaitres, die Mendels, die Schar der Jesuiten, nach denen Krater auf dem Mond benannt sind - wirklich wissenschaftlichem Denken nicht im Wege steht. Wieder: "Richtig gedacht kann der Christ mindestens so ein guter Wissenschaftler wie der Atheist sein". Und ja, sicherlich stimmt es - nur warum geht man damit nicht hausieren?
Klar, ich verstehe es vom Menschlichen her. Am Rand zu stehen und "Kann ick ooch" zu sagen ist einfacher als selber umzusetzen. Und selbst dieses umsetzen ist tausendmal einfacher als dies quasi als Apostolat zu machen. Aber irgendwie muss die Kirche hier wieder einen Weg für sich entdecken, der Welt zu zeigen, dass wir die Welt mitgestalten. Ansonsten machen es nämlich andere Leute - und wir stehen am Rand. Und das wäre nicht nur schade, das wäre ein Verrat am Auftrag Christi.