Personaler: Ich sehe in Ihrem Lebenslauf eine Lücke...
Bewerber: Dort habe ich Dich getragen.(Ja, ich liebe Nonsens-herumgetrolle)
Jenen Lesern, denen die Geschichte über die Spuren im Sand nichts sagt: Hier kann man sie nachlesen. Klar, eine schöne Geschichte, die durchaus auch einen wichtigen Glaubensinhalt bewusst macht: Gott ist mit uns. So weit, so gut.
Mein Problem mit dieser Geschichte und mit so vielen anderen ist, dass sie zu sehr das feel-good-Christentum betont. Gerne wird die Geschichte in rosasten Farben und umrandet von Blumen präsentiert. Am besten noch mit einer sanften (Lobpreis-)Melodie im Hintergrund und fertig ist die Vorlage für einen Heiheitrulalala-Glauben.
Mein Problem dabei ist, dass derartige Darstellungen die Irrlehre der Atheisten, Religion sei eine Krücke für die Schwachen, eigentlich unterstützen. Man bekommt, gerade mit dem Fokus des Christentums auf Demut und auf die Vater-Kind-Beziehung zwischen Gott-Vater und dem einfachen Gläubigen, den Eindruck, als würde es sich beim Christentum um ein derartiges Hilfsmittel handeln. Mal ganz davon abgesehen, dass in Zeiten des Kreuzes ein Glaube, der meint, dass Gott einem immer helfen würde, eine schlimme Krise durchstehen würde.
Klar, Gott trägt uns in Zeiten der Finsternis, vor ihm ist auch die Finsternis nicht finster. Und ja, Gott mutet niemandem ein Kreuz zu, was er selbst nicht tragen kann. Doch was heißt das? Christus ist dreimal unter dem Kreuz gestürzt und brauchte zeitweise die Hilfe von Simon von Cyrene.
"Gott mutet einem kein Kreuz zu, was man nicht selber tragen kann" – einer jener Sprüche, bei dem ordentliches Krafttraining helfen kann, zu verstehen, was "das Kreuz tragen" heißen kann (und nicht nur wegen Kreuzheben!). Was dieses "was man selber tragen kann" bedeutet macht ein Trainingsprogramm mit dem schönen Namen 20 Rep Squats klar.
Das Programm ist schnell beschrieben: Pack so viele Hantelscheiben auf eine Hantel wie du für 10 Kniebeugen (auf englisch Squats) drauf machen würdest - und dann mach 20 Wiederholungen damit. Wenn Du also bisher 70 kg zehnmal hochstemmen konntest machst Du dieses Gewicht auf die Hantel und machst 20 Wiederholugen.
Oh, du darfst Pausen machen. Du sollst es sogar: Nach jeder Wiederholung sollst Du dreimal tief einatmen. Man spricht hier auch gerne von Breathing Squats. Dieses Inhalieren in einer aktiven Pause (die Hantel bleibt auf den Schultern) versorgt den Körper mit genügend Sauerstoff, um diese Übung durchzustehen.
Aus eigener Erfahrung kann ich euch sagen: Es ist ein brutales Training! Bei meinem letzten Absolvieren eines derartigen Trainings habe ich bei den letzten fünf Wiederholungen jedes Mal aufgeschrien, meine Beine brannten wie Feuer und waren weich wie Butter. Nachdem ich das Gewicht wieder sicher abgelegt hatte konnte ich erstmal mehrere Minuten nicht mehr aufstehen. Die Lektion:
Man kann viel mehr tragen als man eigentlich tragen kann.
Nach zehn Wiederholungen mit einem schweren Gewicht ist man sicherlich etwas außer Atem, spürt schon ordentlich was in den Beinen - aber hat noch nicht einmal eine Idee der eigenen Belastungsgrenzen mitbekommen. Und ich bin mir sicher, dass selbst bei einem organisierten Programm wie dem oben beschriebenen man sich zwar der ultimativen Grenze nähert, aber Menschen in Notsituationen noch mehr leisten können.
Gott legt uns kein Kreuz auf die Schultern, was wir nicht tragen können. Das, was wir aber tragen können, kann uns unglaublich viel abverlangen. Es ist also kein Wohlfühlspruch, sondern eine Warnung, was noch kommen kann.
Leben ist K(r)ampf an vielen Stellen. Es gehört zum Mysterium des Lebens dazu. Nicht nur das große Leiden, auch die kleinen Kämpfe, die Sidequests, auf die das Leben einen so führt. Und dennoch: Das Leben ist phantastisch. Wir alle sind so toll, dass Gott uns geschaffen hat. Das muss über unser Leben, unsere großen und kleinen Kämpfe, unser Kreuz eine Menge heißen!