Vor ca einem Jahr schrub Josef auf seinem Blog ein Gedankenexperiment über die Krippe. Die Frage war, was gewesen wäre, wenn der Engel des Herrn nicht Hirten, sondern Akademikern erschienen wäre. Das Gedankenexperiment ist natürlich humorvoll gemeint, was ich ja verstehe, trotzdem traf es in mir einen Nerv, der mich ohnehin stört. Ich hoffe, Josef verzeiht mir, daß ich den Artikel nicht so humorvoll nahm, wie er gemeint hat - es ist ja manchmal so, daß Dinge, die wir hören oder lesen, in uns etwas auslösen, was der Urheber des Gesagten oder Geschriebenen gar nicht wollte. Und nein, es geht nicht um den Physiker, der angeblich Angst vor einem anscheinend derart androgynen Engel, daß man ihn mit einer Frau verwechseln könnte, habe oder daß er bei Mutti zuhause ißt. - Um ehrlich zu sein, habe ich diesen Abschnitt vollkommen übersprungen, weil ich die übliche Kritik, wir Physiker würden nur quantifizieren wollen, erwartet habe. Nein, mir geht es um die Überbetonung der einfachen Hirten.
Die einfältigen Hirten. Ach, die tollen, dummen Hirten. Wären wir nur alle so einfältig, ungebildet, schlicht (usw.) wie die Hirten! Dann würden wir vielleicht auch die Gnade haben, vor der Krippe stehen zu können!
Was hier gerne vergessen wird, ist, daß nicht nur die Hirten das Christkind in der Krippe sahen und verehrten:
Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem.
Ja, es gab auch noch die drei Weisen aus dem Morgenland! Und hier ist doch einiges festzuhalten: Sie kamen von weit her, weil sie den Stern des Herrn aufgehen sahen - was die Welt nicht tat! Die Welt ist so verstrickt in diversestes, aber NICHT in die Suche nach der Wahrheit! Diese drei - ich möchte sagen, Wissenschaftler - haben durch Nachforschung und Beobachtung das Zeichen des Herrn gesehen. Sie kamen nicht, wie Josef Bordat sicherlich ironisch andeutend, irgendeinem Wissenschaftlerklischee gerecht werdend, was weiß ich, das Kindlein zu wiegen, zu quantifizieren, zu prüfen, ob es überhaupt der Sohn Gottes ist. Sie kamen, um ihm zu huldigen.
- Als Physiker finde ich die Passage sehr spannend und ein Vorbild, was gerade wir Wissenschaftler benötigen: Erstens: Unsere Wissenschaft ist auf die Anbetung hin ausgerichtet. Da Gott die Wahrheit ist, ist alles, was real ist, ein Weg zu diesem Herrn und zu seiner Anbetung. Wir "dürfen" nicht nur forschen, es ist unsere Berufung, das Wesen des Universums zu erfassen. Denn dieses Universum zeigt auf den Herrn - wie der Stern das Kommen Christi zeigte.
Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige. ... Weil ihnen aber im Traum geboten wurde, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.
Hier lernen wir zwei weitere Dinge: Die Versuchungen der Welt, wie die Welt die Wissenschaft für ihre Zwecke ausnutzen will. Herodes will von den Forschern, die ein (wie es sich zeigt) eindeutiges Mittel zur Auffindung des Herrn gefunden haben, dieses Mittel unter heuchlerischen Argumenten für sich beanspruchen.
Eine Geschichte, die sich immer wiederholte und sich immer wiederholen wird: Die Mächte der Welt, die die Erzeugnisse der Wissenschaft zum Machterhalt ausnutzen. Die Anekdote ist ein Mahnmahl, daß uns Wissenschaftlern aufzeigt, daß man mit der Welt keinen Handel treiben kann.
Das zweite, was wir lernen, ist, daß ein Wissenschaftler sehr wohl offen für die Botschaften "von oben" sein kann, wenn er sich denn nicht verschließt: Im Traum wird ihnen geboten, nicht zu Petrus zurückzukehren, und so ziehen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.
"Auf einem anderen Weg..." - ich glaube es war Josemaria Escriva, der bezüglich dieser Passage aufmerkte, daß die Begegnung mit Christus uns immer aufs neue verändert. Mir gefällt der Gedanke. Nach der Begegnung mit dem Herrn ist ihnen noch mehr bewußt als vorher, daß ihre Aufgabe die Huldigung des Herrn war - nicht, der Welt zu erzählen, wie sie zum Herrn findet. Ihre "Aufgabe" ist letztlich auch ihr Lohn (und wieder so ein schönes Bild für das forschen!): Sie durften den Herrn als mit erste Personen sehen.
Für mich, für alle Wissenschaftler und für die Welt kann ich nur sagen:
Ihr drei Weisen aus dem Morgenland, bittet für uns!